Wann ist eine Kündigung im Kleinbetrieb altersdiskriminierend?

Bundesarbeitsgericht vom 23.07.2015

von Rechtsanwalt Markus Bär, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Arbeitsrecht für Arbeitnehmer und Betriebsräte

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass eine Kündigung wegen Altersdiskriminierung unwirksam sein kann (6 AZR 477/14).

Der Fall – was war passiert?

Die 1950 geborene Klägerin war bei der Beklagten Gemeinschaftspraxis seit Dezember 1991 als Arzthelferin beschäftigt. Dort waren noch 4 jüngere Arbeitnehmerinnen tätig. Der Arbeitgeber kündigte mit Schreiben vom 24.05.2013 zum 31.12.2013 wegen Veränderung im Laborbereich, die eine Umstrukturierung notwendig machte. Dabei führte der Arbeitgeber an, dass die Klägerin „inzwischen Pensionsberechtigt“ sei. Den anderen Beschäftigten wurde nicht gekündigt. Die Klägerin hat Kündigungsschutzklage erhoben und vorgetragen, dass sie lediglich aufgrund ihres Alters gekündigt worden sei und dies eine Diskriminierung entsprechend dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz darstelle.

Wie hat das Bundesarbeitsgericht entschieden?

Das Bundesarbeitsgericht hat der Klage der Arbeitnehmerin stattgegeben. Die Kündigung verstoße gegen nach Benachteiligungsverbot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes und ist damit unwirksam.

Auswirkungen auf die Praxis für Arbeitnehmer und Betriebsräte

Kündigungsschutz hat wer in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate tätig ist und in der Regel mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt werden. Für Arbeitnehmer, die vor dem 01.01.2004 ihr Arbeitsverhältnis begonnen haben, besteht Kündigungsschutz, wenn zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung in der Regel mehr als 5 sogenannte „Alt-Arbeitnehmer“ beschäftigt werden.

Das Arbeitsverhältnis der klagenden Arbeitnehmerin unterlag nicht dem Kündigungsschutzgesetz, da nicht die erforderliche Anzahl von Mitarbeitern beschäftigt worden sind. Die Klage war dennoch erfolgreich, weil die Klägerin Kündigungsschutzklage erhoben und sich aus dem Kündigungsschutzschreiben Indizien dafür ergaben, dass der Arbeitgeber die Klägerin nur wegen ihres Alters gekündigt hat, da Sie „inzwischen Pensionsberechtigt sei“.

Der Fall zeigt, dass es ratsam ist, im Falle des Erhalts einer Kündigung unverzüglich einen Fachanwalt für Arbeitsrecht aufzusuchen, um prüfen zu lassen, ob eine Klage gegen die Kündigung Aussicht auf Erfolg hat. Nur wer innerhalb von 3 Wochen nach Erhalt einer Kündigung Kündigungsschutzklage erhebt hat die Möglichkeit, um den Bestand seines Arbeitsverhältnisses zu kämpfen. Nur dann kann das Verfahren genutzt werden, um eine Abfindung zu erzielen oder wie im Fall der Klägerin gegebenenfalls noch einen Anspruch auf Geldentschädigung wegen Altersdiskriminierung geltend zu machen.

Rechtsanwalt Markus Bär, Fachanwalt für Arbeitsrecht
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