Corona-Testpflicht am Arbeitsplatz?

Die zweite Verordnung zur Änderung der SARS-CoV2 Arbeitsschutzverordnung hat mit Wirkung seit dem 23.04.2021 eine „Testpflicht“ für Arbeitgeber eingeführt. Hiernach müssen Arbeitgeber Corona-Tests allerdings nicht durchführen, sondern diese ihren Arbeitnehmern lediglich anbieten. Die Arbeitnehmer sind nicht verpflichtet, dieses Angebot anzunehmen.

I. Pflicht des Arbeitgebers zum Testangebot

Seit dem 23.04.2021 müssen Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern, die nicht ausschließlich im Home-Office arbeiten, mindestens 2 Mal pro Kalenderwoche einen Corona-Test anbieten. Dies ergibt sich aus § 5 Abs. 1 der SARS-CoV2 Arbeitsschutzverordnung. Die Arbeitnehmer sollen diese Angebote annehmen, sind hierzu aber nicht verpflichtet. Zur Durchführung können sowohl PCR-Tests als auch Antigen-Schnelltests zur professionellen oder Selbstanwendung verwendet werden. Es können auch professionelle Dienstleister beauftragt werden.

II. Testpflicht des Arbeitnehmers?

Die Corona-Arbeitsschutzverordnung verpflichtet Arbeitnehmer ausdrücklich nicht, das Testangebot des Arbeitnehmers anzunehmen. Hierbei ist jedoch darauf zu achten, dass die jeweiligen Bundesländer abweichende Anordnungen und damit gegebenenfalls eine Testpflicht für Arbeitnehmer vorsehen können. Dies ist zum Beispiel als erstes im Bundesland Bremen geschehen, wonach Arbeitnehmer seit dem 10.05.2021 gesetzlich verpflichtet sind, das Testangebot anzunehmen.

Eine Testpflicht für Arbeitnehmer kann sich jedoch aus dem arbeitsvertraglichen Weisungsrecht (Direktionsrecht) des Arbeitgebers ergeben. Das arbeitgeberseitige Direktionsrecht ist in § 106 S. 1 GewO geregelt. Hiernach kann der Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen nach billigem Ermessen bestimmen, soweit diese nicht durch Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag oder Gesetze festgelegt sind. Das Weisungsrecht bezieht sich auf alle aus § 241 Abs. 1 BGB folgenden Nebenpflichten, deren Erfüllung unumgänglich ist, um den Austausch der Hauptleistungspflichten zu ermöglichen (BAG vom 02.11.2016 – 10 AZR 596/15 Rz. 23 ff.).

Während einer Pandemie können anlassbezogene oder regelmäßige Antigen-Tests Teil eines Konzepts zur Aufrechterhaltung eines Betriebes sein. Mitwirkungspflichten des Arbeitnehmers können sich aus dem § 241 Abs. 2 BGB folgenden Schutz- und Rücksichtnahmepflichten ergeben. Hierbei müssen die Weisungen des Arbeitgebers „billigem Ermessen“ entsprechen. Dies setzt voraus, dass der Arbeitgeber die Umstände des Einzelfalls abwägt und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt.

III. Testung von Arbeitnehmern mit Symptomen?

Treten bei einem Arbeitnehmer typische Covid-19 Symptome auf, so wird vertreten, dass der Arbeitgeber diesen zur Durchführung eines Corona-Tests verpflichten darf. Als typische Corona-Symptome werden entsprechend des RKI Husten, Fieber, Schnupfen, Störung des Geruchs- und/oder Geschmacksinnes angesehen.

Das Recht zur Testung des Arbeitnehmers wird abgeleitet aus der Rechtsprechung des BAG zu ärztlichen Gesundheitsuntersuchungen, wonach Arbeitnehmer bei Vorliegen eines rechtlichen Interesses des Arbeitgebers verpflichtet sein sollen, ärztliche Untersuchen ihres Gesundheitszustandes zu dulden. Dieses weit in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers eingreifende Recht gilt nicht grenzenlos. Das Interesse des Arbeitgebers an der geforderten Untersuchung ist gegen das Interesse des Arbeitnehmers an der Wahrung seiner Intimsphäre und seiner körperlichen Unversehrtheit abzuwägen (BAG v. 12.08.1999 – 2 AZR 55/99 Rz. 18). In dem vom BAG entschiedenen Fall hatte sich der Arbeitnehmer einer Blutentnahme zur Klärung einer möglichen Alkohol- oder Drogenabhängigkeit widersetzt. Das BAG hat eine Pflicht zur Duldung der ärztlichen Untersuchung davon abhängig gemacht, dass Umstände vorliegen, die die ernsthafte Besorgnis bergründen, dass ein Eignungsmangel für die von dem Beschäftigten ausgeübte Tätigkeit bestehe. Diese Einschätzung müsse auf hinreichende, sichere und tatsächliche Feststellungen beruhen.

Bei Vorliegen der typischen Covid-19 Symptome besteht die Besorgnis, dass Arbeitnehmer mit dem Corona-Virus infiziert sind und somit eine Gefahr für Kollegen und Dritte darstellen. In der Praxis dürfte allerdings – anders als zum Beispiel bei typischen alkoholbedingten Ausfallerscheinungen – das Problem darin bestehen, solche Corona-Symptome in Abgrenzung zu anderen Erkrankungen – wie zum Beispiel einer akuten Erkältung mit einem Atemwegsinfekt- abzugrenzen. Es wird jedoch die Auffassung vertreten, dass die Intimsphäre des Arbeitnehmers dadurch gewahrt werden kann, dass ein positives Testergebnis nur dem unmittelbaren Vorgesetzten offenbart wird, damit dieser die erforderlichen weiteren Schritte einleiten könne. Angesichts der gravierenden Folgen im Falle der Verbreitung des Corona-Virus im Betrieb, die bis hin zur Betriebsschließung und Schadensersatzansprüchen Dritter reichen können, müssen die Interessen des Arbeitnehmers zurücktreten (Röller/Köllmann in Küttner, 28. Auflage 2021, Covid-19, Rz. 29).

IV. Testung von Arbeitnehmern ohne Symptome?

Aufgrund der vorgenannten Ausführungen ist festzustellen, dass eine vorbeugende Testung von Arbeitnehmern sich aufgrund einer vorzunehmenden Interessenabwägung kaum rechtfertigen lassen dürfte. Bevor ein Arbeitgeber beabsichtigt, eine generelle Testanordnung einzuführen, so wird er verpflichtet sein, zuvor alle anderen, milderen Maßnahmen, in Erwägung zu ziehen. Dazu zählen insbesondere

– Ermöglichung von Home-Office

– Sicherung des Mindestabstand von 1,5 Metern im Betrieb

– Pflicht zum Tragen medizinischer Masken

– Vermeidung der gleichzeitigen Nutzung von Räumlichkeiten

– Zeitversetztes Arbeiten

– Sicherstellung von möglichst kleinen Arbeitsgruppen

– Regelmäßiges Lüften und Optimierung der raumlufttechnischen Anlagen

– Hygienekonzept

V. Testanordnung im Einzelfall

Eine Testanordnung gegenüber einem Arbeitnehmer kann dann gerechtfertigt sein, wenn dieser aus dem Urlaub aus einem Hochinzidenzgebiet zurückkehrt oder mit einem positiv getesteten Arbeitskollegen Kontakt hatte, ohne dass eine Quarantänepflicht nach der einschlägigen Landesverordnung besteht. Auch in diesen Fällen ist zunächst zu prüfen, ob nicht ein milderes Mittel in Betracht kommt, etwa die vorrübergehende Arbeit im Home-Office.

VI. Rechtsfolgen bei Weigerung des Arbeitnehmers zur Durchführung eines Corona-Tests

Sollte der Arbeitgeber aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls wirksam die Durchführung eines Corona-Tests angewiesen haben und weigert sich der Arbeitnehmer diesen Durchzuführen, so handelt der Arbeitnehmer pflichtwidrig. Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer abmahnen und im Wiederholungsfall gegebenenfalls sogar eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen. Auch hier sind jedoch wiederrum die jeweiligen Umstände des Einzelfalles umfassend zu würdigen. Die Erhebung einer Kündigungsschutzklage gegen eine solche Kündigung dürfte in vielen Fällen nach vorheriger qualifizierter Beratung Sinn machen.

VII. Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates

Bei der Anordnung von Corona-Tests nur im Einzelfall ist der Betriebsrat mangels kollektiven Bezuges nicht zu beteiligen. Beabsichtigt der Arbeitgeber jedoch Corona-Tests flächendeckend oder für eine bestimmte Arbeitnehmergruppe anzuordnen, so stehen dem Betriebsrat gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG und § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG zwingende Mitbestimmungsrechte zu. Danach hat der Betriebsrat bei Regelungen über den Gesundheitsschutz mitzubestimmen.

VIII. Handlungsempfehlung für Arbeitnehmer

Jeder Arbeitnehmer muss für sich entscheiden, ob er das kostenlose Angebot seines Arbeitgebers auf Corona-Tests annehmen möchte. Aufgrund der derzeitigen Rechtslage dürfte die zwingende Anordnung von Corona-Tests in der Praxis nur unter bestimmten Ausnahmefällen zulässig sein und daher eher die Ausnahme als den Regelfall darstellen. Auf jeden Fall ist bei jeder Anordnung eines Corona-Tests gegenüber einem Arbeitnehmer eine umfassende Einzelfallprüfung vorzunehmen. In Betrieben mit Betriebsrat kann der Abschluss von Betriebsvereinbarungen im Interesse aller Beteiligten sinnvoll sein, um Rechtssicherheit, Transparenz und letztendlich auch einen erhöhten Beitrag für die Gesundheit aller Beschäftigten zu gewährleisten.

Fachanwalt für Arbeitsrecht für Arbeitnehmer Markus Bär

Rechtsanwalt Markus Bär, Fachanwalt für Arbeitsrecht
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