Ausschlussfristen/Verfallsfristen

I. Funktion von Ausschlussfristen

  1. Erlöschen des Anspruchs

Verfallsfristen, auch Ausschlussfristen genannt, bestimmen innerhalb welcher Frist Ansprüche gegenüber dem Schuldner geltend gemacht werden müssen, damit Sie nicht erlöschen. Lassen Sie als Arbeitnehmer damit als Gläubiger eine Verfallsfrist verstreichen, erlischt ihr Anspruch Sie verlieren daher das Recht Ihren Anspruch durchzusetzen. Die Verfallsfristen/Ausschlussfristen gehen daher in ihrer Wirkung wesentlich weiter als die Verjährungsfristen, die sich im Arbeitsrecht regelmäßig auf 3 Jahre belaufen. Verfallsfristen/Ausschlussfristen sind eine typische arbeitsrechtliche Besonderheit, die dazu dienen soll, Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis beschleunigt und umfassend gegenseitig abzuwickeln.

  1. Tarifvertragliche Regelungen enthalten oft Ausschlussfristen

Die meisten Tarifverträge enthalten Verfallsfristen/Ausschlussfristen. Nur die im Tarifvertrag geregelten Verfallsfristen können die tarifvertraglich hinterlegten Rechte aufgrund Zeitablaufes zum Erlöschen bringen (§ 4 Abs. 4 Satz 3 TVG). Eine Inhaltskontrolle von tarifvertraglichen Verfallsklauseln findet nicht statt (§ 310 Abs. 4 BGB). Das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen findet damit auf tarifvertragliche Ausschlussfristen keine Anwendung.

Ist auf einem im Arbeitsverhältnis geltenden Tarifvertrag, der eine Verfallsfrist festlegt, nicht nach dem Nachweisgesetz hingewiesen worden, kann sich der Arbeitgeber zur Abwehr von Ansprüchen des Arbeitnehmers im Regelfall nicht darauf berufen, die im Tarifvertrag enthaltene Verfallsfrist sei nicht eingehalten. Tarifvertragliche Verfallsfristen sind von Amtswegen von den Arbeitsgerichten zu berücksichtigen. Hierzu muss nur feststehen, dass ein konkreter Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet.

  1. Arbeitsvertragliche Verfallsfristen

Arbeitsverträge werden regelmäßig von dem Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer formularmäßig verwendet. Deshalb unterliegen die Arbeitsbedingungen einer Inhaltskontrolle nach dem Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Wegen ihrer weitreichenden Wirkung muss eine Verfallsfrist/Ausschlussfrist im Arbeitsvertrag verständlich und klar niedergelegt sein und darf sich nicht an einer versteckten Stelle im Arbeitsvertrag befinden. Eine einzelvertragliche Klausel darf keine Verfallsfrist vorsehen, die kürzer als 3 Monate ist. Eine zweistufige Verfallsfrist, bei der sich an die Frist für eine schriftliche Geltendmachung eine Frist für die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs anschließt, ist auf mindestens 2×3 Monate festzulegen (BAG 25.05.2005 – 5 AZR 572/04). Kürzere als 3 Monats Verfallsfristen sind unwirksam. Sie können nicht auf die zulässige Zeitdauer angepasst werden. Dies ergibt sich aus § 306 Abs. 2 BGB.

Bitte beachten:

Bei Arbeitsverhältnissen, die ab dem 01.10.2016 begründet worden sind, sind vertraglich vereinbarte Verfallsfristen nach § 309 Nr. 13 BGB unwirksam, wenn die Geltendmachung an eine strengere Form als die Textform des § 126 BGB gebunden wird.

II. Lauf der Verfallsfristen/Ausschlussfristen

Wann die Verfallsfristen zu laufen beginnen ergibt sich aus dem Tarifvertrag bzw. aus dem Arbeitsvertrag. Meistens beginnen die Verfallsfristen zu laufen, wenn der Anspruch fällig ist. Oft gibt es allerdings auch Regelungen, wonach die Verfallsfrist erst nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses beginnt.

Wie müssen Arbeitnehmer ihre Ansprüche geltend machen?

Die Geltendmachung von Ihren Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis müssen Sie als Arbeitnehmer selbst verfolgen. Deshalb ist es nicht ausreichend, wenn dies der Betriebsrat für Sie macht. Dies wäre nur dann statthaft, wenn Sie dritte Personen, wozu selbstverständlich auch Betriebsratsmitglieder gehören können, ausdrücklich bevollmächtigen.

Mit der Zustellung einer Kündigungsschutzklage werden nicht nur die Ansprüche schriftlich geltend gemacht deren Bestand vom Ausgang des Kündigungsschutzprozesses abhängen. Mit der Erhebung einer solchen Klage sind diese Ansprüche auch im Sinne einer zweistufigen Ausschlussfrist gerichtlich geltend gemacht (BAG 19.09.2012 – 5 AZR 627/11). Dies betrifft insbesondere Ansprüche auf Annahmeverzugsvergütung, die den gekündigten Arbeitnehmer im Falle eines Obsiegens im Kündigungsschutzprozess zustehen.

Achtung:

Ansprüche auf Urlaubsabgeltung gehören hierzu nicht (BAG 21.02.2012 – 9 AZR 486/10). Die Ansprüche auf Urlaubsabgeltung hängen nämlich vom Unterliegen im Kündigungsschutzprozess und damit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ab. Daher sollten Ansprüche auf Urlaubsabgeltung als reiner Geldanspruch vorsorglich hilfsweise für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht werden.

III. Welche Ansprüche können von Verfallsfristen/Ausschlussfristen betroffen sein?

Grundsätzlich können alle arbeitsvertraglichen oder tarifvertraglichen Ansprüche den Verfallsfristen unterliegen. Eine rechtzeitige Geltendmachung ist daher von enormer Wichtigkeit.

Aufgrund des besonderen Gewichtes, die Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung haben, geht die Rechtsprechung davon aus, dass solche Ansprüche, die unverfallbar geworden sind, keinen Verfallsfristen unterliegen (BAG 12.06.2007 – 3 AZR 186/06).

Auch Ansprüche auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte sind nicht verfallbar ( BAG 14.12.1994 – 5 AZR 696/93). Hingegen kann ein Zeugnis den Verfallsfristen unterliegen.

Fachanwalt für Arbeitsrecht für Arbeitnehmer Markus Bär

Rechtsanwalt Markus Bär, Fachanwalt für Arbeitsrecht Arbeitsrecht für Arbeitnehmer und Betriebsräte Schleiermacherstraße 10 64283 Darmstadt Tel.: 0 61 51 / 951- 600 Fax: 06151 – 951- 60-20 www.ra-baer-arbeitsrecht.de arbeitnehmeranwalt@ra-baer.de

Was kann ich für Sie tun?

Wenn Sie eine Kündigung erhalten haben und mit Ihrem Arbeitgeber über eine Abfindungslösung sprechen wollen oder wenn Sie vor der Entscheidung stehen, eine einvernehmliche Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag oder Abwicklungsvertrag bei Zahlung einer Abfindung zuzustimmen, so berate ich Sie jederzeit gerne. Sollte Ihnen bereits ein konkreter Abfindungsvorschlag vorliegen (möglicherweise auf der Grundlage eines Sozialplans), so prüfe ich dieses Angebot für Sie gerne und stelle Ihnen Ihre rechtlichen Möglichkeiten dar. Je nach Lage des Falles bzw. entsprechend Ihren Wünschen trete ich entweder nach außen nicht in Erscheinung oder aber ich verhandle in Ihrem Namen mit Ihrem Arbeitgeber bzw. mit den Vertretern der Gesellschafter. Für eine möglichst schnelle und effektive Beratung benötige ich folgende Unterlagen:

  • Arbeitsvertrag/Geschäftsführereinstellungsvertrag
  • Gehaltsnachweise
  • Aufhebungsvertragsangebot/Abwicklungsvertragsangebot (falls vorhanden)
  • Abfindungsangebot/Sozialplan (falls vorhanden)

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