Annahmeverzug nach unwirksamer Arbeitgeber Kündigung?

Was Sie als Arbeitnehmer, Führungskraft, Manager und leitender Angestellter unbedingt wissen sollten, da sich seit Mai 2020 die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erheblich zum Nachteil von Arbeitnehmern geändert hat

Der folgende Beitrag beschäftigt sich damit, was Sie als Arbeitnehmer, Führungskraft, Manager, leitender Angestellter und Ihr Fachanwalt für Arbeitsrecht beachten sollten, wenn Sie eine Kündigung erhalten haben, einen Kündigungsschutzprozess führen und Ihre Ansprüche auf Vergütung, Annahmeverzug nach Obsiegen im Kündigungsschutzprozess erfolgreich durchsetzen wollen.

Was bedeutet Annahmeverzug und wann entsteht dieser?

Hierzu ein Beispiel:

Ihr Arbeitgeber hat Ihnen als Arbeitnehmer/in, Führungskraft, Manager/in, leitende/r Angestellte/r, das Arbeitsverhältnis mit Kündigungsschreiben vom 02.01.2024 zum 30.06.2024 gekündigt.

Alternativ kann das Beispiel einer fristlosen Kündigung angenommen werden. Ihr Arbeitgeber hat Ihnen unter dem Datum des 02.01.2024 fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 30.06.2024 gekündigt.

Ihr Fachanwalt für Arbeitsrecht hat beim Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage erhoben. Das Gericht hat festgestellt, dass sowohl die fristlose als auch die ordentliche Kündigung unwirksam ist. Sie haben somit den Kündigungsschutzprozess gewonnen.

Was sind die gesetzlichen Grundlagen für eine Vergütung aufgrund von Annahmeverzug geregelt?

Das Gesetz bestimmt in diesem Fall nach § 615 Satz 1 BGB i. V. m. § 611 a Abs. 2 BGB, dass Ihr Arbeitgeber Ihnen Ihren Vergütungsanspruch (Anspruch auf Arbeitsentgelt) nachzahlen muss. Konkret bedeutet dies in unserem Beispielsfall, dass der Arbeitgeber ab dem Zeitpunkt der fristlosen Kündigung, d.h. ab dem 02.01.2024 Ihr Gehalt nachzahlen muss. Im Falle der ordentlichen Kündigung zum 30.06.2024 ist der Arbeitgeber verpflichtet, ab dem 01.07.2024 Ihr Arbeitsentgelt weiter zu zahlen.

Dieser Annahmeverzug tritt gem. den §§ 293 ff. BGB bei unwirksamer Arbeitgeberkündigung ein, ohne dass Sie als Arbeitnehmer ein Angebot der Arbeitsleistung machen müssen. Dies deshalb, da in der ausgesprochenen Arbeitgeberkündigung zugleich die Erklärung steckt, dass der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nach Ablauf der Kündigungsfrist (in unserem Beispielsfall bei der ordentlichen Kündigung ab dem 01.07.2024) bzw. bei fristloser Kündigung (in unserem Beispielsfall 02.01.2024) nicht mehr annimmt. Erforderlich für den Vergütungsanspruch unter dem Aspekt des Annahmeverzugs ist gem. § 297 BGB, dass der Arbeitnehmer im Stande ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit des Arbeitnehmers sind vom Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzungen, die während des gesamten Zeitraums des Annahmeverzugs vorliegen müssen.

Hinweis:

Dem Arbeitgeber obliegt die Beweislast dafür, dass im streitigen Zeitraum des Annahmeverzugs der Arbeitnehmer angeblich außerstande war oder subjektiv nicht bereit war, die Arbeitsleistung tatsächlich zu erbringen.

Was bedeutet Anrechnung anderweitigen Verdienstes?

  • 11 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) regelt als Spezialvorschrift was alles bei der Anrechnung auf entgangenen Zwischenverdienst zu beachten ist. Besteht nach der Entscheidung des Gerichts das Arbeitsverhältnis aufgrund unwirksamer Kündigung fort, so muss sich der Arbeitnehmer auf das Arbeitsentgelt, das ihm der Arbeitgeber für die Zeit nach der Entlassung schuldet, anrechnen lassen:
  1. was er durch anderweitige Arbeit verdient hat.
  2. was er hätte verdienen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen.
  3. was ihm an öffentlich-rechtlichen Leistungen infolge Arbeitslosigkeit aus der Sozialversicherung, der Arbeitslosenversicherung, der Sicherung des Lebensunterhalts nach dem 2. Buch Sozialgesetzbuch oder der Sozialhilfe für die Zwischenzeit gezahlt worden ist. Diese Beträge hat der Arbeitgeber der Stelle zu erstatten, die sie geleistet hat (vgl. § 11 KSchG).

Entscheidend für Sie als Arbeitnehmer ist insbesondere die Regelung des § 11 Nr. 2 KSchG. Es stellt sich somit die Frage, ob Sie als Arbeitnehmer nach obsiegendem Kündigungsschutzprozess es böswillig unterlassen haben, anderweitigen Verdienst zu erzielen.

Wie wird der Annahmeverzug nach unwirksamer Arbeitgeber Kündigung berechnet?

Hierzu folgend ein paar Berechnungsbeispiele für den Annahmeverzug nach unwirksamer Kündigung durch den Arbeitgeber:

Sie verdienen 8.000,00 € brutto monatlich. Ihr Arbeitgeber hat Ihnen am 02.01.2024 fristlos gekündigt. Im August 2024 stellt das Arbeitsgericht fest, dass die fristlose Kündigung unwirksam ist.

Variante 1:

Sie haben ab dem 01.04.2024 einen neuen Job und verdienen 10.000,00 € brutto monatlich. Ihr Arbeitgeber muss Ihnen dann in dem Zeitraum vom 02.01.2024 bis zum 31.03.2024 Ihre 8.000,00 € brutto monatlich nachzahlen, sofern Sie sich arbeitssuchend gemeldet haben und es nachweislich nicht böswillig unterlassen haben, sich um eine anderweitige Beschäftigung zu bemühen. Da Sie ab dem 01.04.2024 einen neuen Job angetreten haben, dürfte es in der Praxis hier kaum Probleme geben, die vorgenannte Annahmeverzugs Vergütung nachbezahlt zu bekommen, wenn Sie nachweisen können, dass Sie sich zuvor auf sämtliche zumutbaren Vermittlungsvorschläge der Agentur für Arbeit beworben haben.

Variante 2:

Sie haben am 01.04.2024 einen neuen Job aufgenommen. Sie verdienen nunmehr jedoch 7.000,00 € brutto monatlich. Dann muss Ihr Arbeitgeber in dem Zeitraum 02.01.2024 – 31.03.2024 Ihnen monatlich jeweils 8.000,00 € brutto nachzahlen. Ab dem 01.04.2024 muss er Ihnen die Differenzvergütung in Höhe von 1.000,00 € brutto nachzahlen, da Sie nunmehr 1.000,00 € brutto monatlich weniger verdienen. Erst ab dem Zeitpunkt, wo Ihr Arbeitgeber Sie als Arbeitnehmer wieder zur Arbeit auffordert, kann er den Annahmeverzug beenden. Nach § 12 KSchG können Sie unter den dort geregelten Voraussetzungen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bei Ihrem alten Arbeitgeber verweigern.

Variante 3:

Sie haben bis August 2024 noch keinen neuen Job gefunden. Nunmehr muss Ihnen Ihr Arbeitgeber Ihre monatliche Vergütung in Höhe von 8.000,00 € brutto bis einschließlich Juli 2024 nachzahlen und Sie haben einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung erworben aufgrund des obsiegenden Urteils. Solange ihr Arbeitgeber Sie nicht beschäftigt, befindet er sich weiterhin im Annahmeverzug und muss Ihnen monatlich die Vergütung von 8.000,00 brutto zahlen.

Was sollten Sie als Arbeitnehmer unternehmen, damit Ihnen kein böswilliges Unterlassen zur Erzielung eines anderweitigen Verdienstes vorgeworfen werden kann?

Nach Erhalt einer schriftlichen Kündigung melden Sie sich als Arbeitnehmer/in, Führungskraft, Manager/in, leitende/r Angestellte/r bitte unverzüglich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend. Die Pflicht zur Arbeitssuchendmeldung nach § 38 Abs. 1 SGB III ist die Mitteilung, dass Ihr Arbeitsverhältnis endet. Eine Arbeitssuchendmeldung bei der Agentur für Arbeit ist spätestens 3 Monate vor dem Ende Ihres Arbeitsverhältnisses erforderlich. Wenn es noch weniger als 3 Monate bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind, dann müssen Sie sich unverzüglich und damit innerhalb von 3 Tagen entweder persönlich oder telefonisch bei Ihrer Arbeitsagentur melden. Die sozialversicherungsrechtliche Arbeitssuchendmeldung ist somit dringend erforderlich, um später in einem Prozess zur Durchsetzung Ihres Annahmeverzugs dem Vorwurf zu entgehen, Sie hätten es bewusst verhindert, dass Ihnen eine zumutbare Arbeit überhaupt angeboten werde.

Sämtliche Vermittlungsvorschläge der Agentur für Arbeit sollten Sie aufbewahren. Sie sollten sich auf sämtliche Vermittlungsvorschläge der Agentur für Arbeit seriös bewerben oder zumindest nachweisen können, warum Sie sich ggf. auf überlassene Vermittlungsvorschläge nicht beworben haben, da diese für Sie unzumutbar waren. Sämtliche Bewerbungsanschreiben, Ihnen überlassene Vermittlungsvorschläge (Stellenanzeigen) und etwaige Absagen bewahren Sie bitte sorgfältig auf.

Müssen Sie als Arbeitnehmer eigeninitiativ Bewerbungen zur Erlangung eines neuen Arbeitsplatzes abgeben?

Derzeit gibt es noch keine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts wonach, Arbeitnehmer verpflichtet zusätzlich zu den Vermittlungsvorschläge durch die Agentur für Arbeit noch eigene Bewerbungsbemühungen zu entfalten. Als Arbeitnehmeranwalt rate ich Ihnen jedoch ausdrücklich in Ihrem eigenen Interesse und zur optimalen strategischen Begleitung Ihres Falles, eigeninitiativ nachweislich Bewerbungen abzugeben. Sollten diese nicht erfolgreich sein und Sie den Kündigungsschutzprozess gewinnen, so erhöht dies zusätzlich Ihre Chancen, den Annahmeverzug gegenüber Ihrem Arbeitgeber erfolgreich durchzusetzen.

Ausgangspunkt der vorgenannten Überlegungen ist eine nach Jahrzehnten geänderte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Diese Rechtsprechungsänderung hat sich erstmals mit Verkündung des Bundesarbeitsgerichtsurteils vom 27.05.2020 – 5 AZR 387/19 – vollzogen (Zum Lesen des vollständigen Urteils klicken Sie auf den Link:  https://www.bundesarbeitsgericht.de/entscheidung/5-azr-387-19/

Seitdem gesteht das Bundesarbeitsgericht einem Arbeitgeber einen Auskunftsanspruch hinsichtlich der von der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter unterbreiteten Vermittlungsvorschläge zu. Dieser Auskunftsanspruch diene dem Arbeitgeber zur Vorbereitung seiner möglichen Einwendungen gem. § 11 Nr. 2 KSchG, dass der Arbeitnehmer anderweitigen Verdienst böswillig unterlassen habe.

Müssen Sie sich als Arbeitnehmer, Führungskraft, Manager, leitender Angestellter auf Vermittlungsvorschläge Ihres Arbeitgebers zur Aufnahme einer anderweitigen Beschäftigung bewerben?

Dies ist durch die Rechtsprechung noch nicht höchstrichterlich entschieden. Ich rate Ihnen im Fall des Erhalts von Stellenangeboten, übermittelt durch Ihren Arbeitgeber, sich auf diese ernsthaft zu bewerben. Voraussetzung einer „Bewerbungspflicht“ ist, dass Sie von Ihrem Arbeitgeber konkrete und zumutbare Stellenangebote übermittelt bekommen. Hierbei kann es sich um Stellenangebote beim selben Arbeitgeber handeln (z.B. auch im Rahmen einer Prozessbeschäftigung) oder aber um die Vermittlung von Angeboten bei anderen Unternehmen.

Wann ist ein Stellenangebot für Sie als Arbeitnehmer zumutbar?

Die Beantwortung dieser Frage kann man wieder einmal typisch mit „Juristerei“ abtun! Dies deshalb, da keine allgemeingültige Antwort gegeben werden kann. Es kommt auf ihren jeweiligen Einzelfall an!

Nach der Rechtsprechung sind immer alle Umstände des jeweiligen Einzelfalles im Rahmen von Treu und Glauben gem. § 242 BGB und dabei auch das Grundrecht des Arbeitnehmers gem. Art. 12 Grundgesetz auf Selbstbestimmung bei der Arbeitsplatzwahl zu berücksichtigen. Die angebotene Tätigkeit muss daher gleichwertig sein und darf nicht für den Arbeitnehmer mit wesentlichen Nachteilen, z.B. bei der Veränderung von Arbeitszeiten und nicht mit einer unzumutbaren Verlängerung von Fahrtzeiten verbunden sein. Als Anhaltspunkt für zumutbare Fahrtzeiten kann auf die Regelung des § 140 Abs. 4 SBG III zugegriffen werden. Auch wird bei der Bestimmung der Zumutbarkeit zu beachten sein, dass ein Arbeitnehmer nicht verpflichtet sein kann, ein Arbeitsverhältnis bei der Konkurrenz aufzunehmen. Schließlich streiten sich die Arbeitsvertragsparteien noch im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens über die Wirksamkeit einer Kündigung. Während eines laufenden Arbeitsverhältnisses bzw.  bei einer sogenannten Bestandsschutzstreitigkeit im Rahmen eines geführten Kündigungsschutzverfahrens gilt jedoch weiterhin das Verbot, nicht im Wettbewerb zum Arbeitgeber zu treten. Auch muss der Arbeitnehmer nach Gewinnen seines Kündigungsschutzrechtsstreits die realistische Möglichkeit haben, zu seinem Arbeitgeber zurückzukehren. Dies würde verhindert werden, wenn der Arbeitnehmer verpflichtet sein soll, eine neue Tätigkeit mit einer langen Kündigungsfrist anzunehmen. Letztendlich können nicht alle Kriterien abschließend aufgezählt werden. Maßgeblich zur Bestimmung einer zumutbaren Beschäftigung ist auf jeden Fall die Art der ausgeübten Tätigkeit und die damit erzielbare Vergütungshöhe. Letztendlich muss Ihr Fachanwalt für Arbeitsrecht strategisch bereits mit Einleitung des Kündigungsschutzprozesses sämtliche Details zur optimalen Ausrichtung des Verfahrens mit einbeziehen.

Annahmeverzugslohn – kein einklagbarer Auskunftsanspruch über Bewerbungen des Arbeitnehmers?

Zu erwähnen ist die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln vom 27.04.2023 – 8 Sa 793/22. Der Arbeitnehmer hatte in dem vorliegenden Fall nach einer unwirksamen Kündigung durch seinen Arbeitgeber den Annahmeverzugslohn diesem gegenüber geltend gemacht. Das LAG Köln hat hierbei die Auffassung vertreten, dass die Arbeitgeberin im Hinblick auf böswillig unterlassenen anderweitigen Verdienst keinen einklagbaren Auskunftsanspruch über die Bewerbungen des Arbeitnehmers und diesbezügliche Einzelheiten (Einladung, Vorstellungsgespräche, Absagen und Gründe) habe. Dies gelte sowohl für Bewerbungsbemühungen hinsichtlich Vermittlungsvorschlägen durch die Agentur für Arbeit bzw. des Jobcenters als auch hinsichtlich Stellenanzeigen, die die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer übermittelt habe.

Auch zu dieser Entscheidung möchte ich jedoch ausdrücklich anmerken, dass es für Sie als Arbeitnehmer ratsam ist, sich in Abstimmung mit Ihrem Anwalt für Arbeitsrecht auf zumutbare Stellen zu bewerben und alle diesbezüglichen Einzelheiten zu dokumentieren. Nur so kann finanziell und prozessstrategisch sichergestellt werden, dass Sie nach rechtskräftigem Obsiegen mit Ihrem Kündigungsschutzprozess sämtliche entstandene Annahmeverzugsvergütung durch Ihren Arbeitgeber nachgezahlt bekommen.

Kein böswilliges Unterlassen des Arbeitnehmers beim Annahmeverzug, wenn er Weiterbeschäftigungsurteil durchsetzt

Mit Urteil vom 08.09.2021 – 5 AZR 205/21 https://www.bundesarbeitsgericht.de/entscheidung/5-azr-205-21/ hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass der Arbeitnehmer, der ein vorläufig vollstreckbares Weiterbeschäftigungsurteil erstritten hat, nicht verpflichtet ist, trotz des Weiterbeschäftigungstitels ein Angebot des Arbeitgebers zu einer vertraglichen Gestaltung der Weiterbeschäftigung während des Kündigungsschutzprozesses anzunehmen (Prozessbeschäftigung). § 11 Nr. 2 KSchG regele – wie § 615 Satz 2 BGB – eine aus § 242 BGB hergeleitete Obliegenheit, aus Rücksichtnahme gegenüber dem Arbeitgeber einen zumutbaren Zwischenverdienst zu erzielen. Diese Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers finde jedoch dort seine Grenze, wo der Arbeitnehmer einen (vorläufig) vollstreckbaren Titel und damit ein den Arbeitgeber bindenden Rechtsanspruch hat. Das Beharren des Arbeitnehmers darauf, dass der Arbeitgeber seine aus dem (vorläufig) vollstreckbaren Titel folgende Rechtspflicht erfüllt, sei nicht treuwidrig im Sinne des § 242 BGB.

Für die Praxis bedeutet dies somit, dass Sie nach erstinstanzlich obsiegendem Urteil Ihren Weiterbeschäftigungsanspruch im Wege der Zwangsvollstreckung gegenüber Ihrem Arbeitgeber durchsetzen können und nicht verpflichtet sind, eine anderweitige Beschäftigung zu suchen bzw. ein Prozessarbeitsverhältnis mit Ihrem Arbeitgeber zu geänderten und schlechteren Arbeitsbedingungen einzugehen. Auch hier gilt jedoch wie immer bei juristischen Beurteilungen, dass Ihr jeweiliger Einzelfall durch Ihren Anwalt für Arbeitsrecht sorgfältig zu beurteilen ist. Nur so kann sichergestellt werden, dass Ihre rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen optimal zueinander in Einklang gebracht werden können.

Wo finde ich weitere Informationen zum Thema Annahmeverzug, Annahmeverzugsvergütung, Prozessbeschäftigung, Weiterbeschäftigung und Nachzahlung?

Wie dargestellt war Ausgangspunkt der Betrachtung der neuen Kriterien beim Annahmeverzug die Entscheidung des BAG mit Urteil vom 27.05.2020 (5 AZR 387/19). Mit Urteil vom 23.02.2021 (5 AZR 213/20) hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass ein böswilliges Unterlassen des Arbeitnehmers nicht bereits deshalb ausscheide, weil der Arbeitgeber eine Zustimmung des Betriebsrats für eine anderweitige Beschäftigung des Arbeitnehmers nicht angefordert hat. Als weiteres Grundsatzurteil ist die Entscheidung des BAG vom 12.01.2022 -5 AZR 30/22 zu bezeichnen. In seinen Entscheidungsgründen befasst sich das Bundesarbeitsgericht damit, welche Umstände / Kriterien zur Bestimmung eines böswillig unterlassenen anderweitigen Verdienstes im Rahmen einer Gesamtabwägung der beiderseitigen Interessen unter Einfluss aller Umstände des konkreten Falls einzubeziehen sind. Hierbei sei es grundsätzlich ausgeschlossen, einen einzelnen Umstand losgelöst von den sonstigen Umständen des Einzelfalls gleichsam als absolut zu bewerten.

Auch kann den bisher entgangenen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts entnommen werden, dass ein Auskunftsanspruch des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer auf Mitteilung anderweitig erzielten Verdienst erst gegeben ist, wenn der Arbeitnehmer seine konkret bezifferten Ansprüche auf Annahmeverzugsvergütung gegenüber dem Arbeitgeber geltend macht. Dies stellt einen großen Vorteil für Arbeitnehmer/innen, Führungskräfte, Manager/innen, leitende Angestellte dar. Schließlich geht es für den Arbeitgeber um die wirtschaftliche Kalkulation, d.h. er möchte gerne wissen, ob der Arbeitnehmer bereits eine anderweitige Beschäftigung hat. Dann würde sich nämlich das wirtschaftliche Risiko für den Arbeitgeber erheblich reduzieren. Da hier jedoch nach derzeitiger Rechtsprechung die Auskunftsansprüche erst bestehen, wenn der Annahmeverzug beziffert, geltend gemacht wird, stellt dies einen großen Vorteil für Arbeitnehmer dar. Ein Kündigungsschutzverfahren kann über zwei Instanzen geführt über 2 Jahre und länger andauern. Dementsprechend ist ein mit Ihrem Rechtsanwalt für Arbeitsrecht den Tatsachen entsprechend abgestimmter prozessualer Vortrag elementar.

Letztendlich kann es nur um 2 Ziele gehen:

Erhalt des Arbeitsplatzes

Den Arbeitsplatz zu erhalten und nach Rechtskraft des obsiegenden Urteils sämtliche Ansprüche auf Annahmeverzug zugunsten des Arbeitnehmers durchzusetzen.

Vereinbarung einer Abfindung für die Aufgabe des Jobs

Die zweite Variante besteht darin, durch strategisches Vorgehen alle Voraussetzungen zu schaffen, um eine für Sie als Arbeitnehmer optimale, sehr hohe Abfindung aushandeln zu können. Hierzu ist es wichtig, dass die neuen Spielregeln des Annahmeverzugs nicht nur bekannt, sondern immer wahrheitsgemäß entsprechend den Tatsachen gegenüber dem Gericht vorgetragen werden. So kann ein nicht böswillig entstandener Annahmeverzug als Nachzahlung des Arbeitsentgelts gefordert und zudem ggfs. eine hohe Abfindung aufgrund einer wirtschaftlichen „Drucksituation“ vereinbart werden.

Sie benötigen weitere Informationen zur Thematik des Annahmeverzugs? Dann kontaktieren Sie mich.

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Stand vorliegender Beitrag März 2024

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