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Neue Wirtschafts-Briefe, nwb 2002 Heft 23, S. 1821

Die Entgeltumwandlung als Anspruch des Arbeitnehmers auf betriebliche Altersversorgung

Neue Haftungsrisiken für Arbeitgeber aufgrund der Renten Reform 2001/2002?

Stand 06/02

Die betriebliche Altersversorgung ist durch die Verabschiedung des Altersvermögensgesetzes (AVmG) vom 26.06.2001 (BGBl 2001I S. 1310) derart gravierenden Veränderungen unterworfen worden, wie dies seit dem Inkrafttreten des Betriebsrentengesetzes im Jahr 1974 nicht mehr der Fall war (vgl. Klein/Wunsch, DB 2002 S. 213; Böhm/Scheurich, NZA 2001 S. 1291). Ziel des AVmG ist es, die Alterssicherung zukunftsfähig zu machen und auf die demografische Entwicklung vorzubereiten. Hierzu soll auch der Verbreitungsgrad der betrieblichen Altersversorgung als zweite Säule neben der privaten Altersvorsorge als dritte Säule erhöht werden (vgl. Schmidt, NWB F. 27 S. 5373). Schätzungen von Fachkreisen zufolge wird der Anteil der Arbeitnehmer (AN) mit Zusagen auf betriebliche Altersversorgung von derzeit ca. 50 % auf über 90 % ansteigen. Grund hierfür ist neben der neuen steuerlichen Förderung der ergänzenden Altersvorsorge insbesondere der ab dem 01.01.2002 in Kraft getretene Anspruch von AN auf Entgeltumwandlung zugunsten einer betrieblichen Altersversorgung. Durch diesen in § 1a BetrAVG normierten Anspruch und den damit einhergehenden Anfragen durch AN sehen sich die Arbeitgeber (ArbG) nicht nur einem zunehmenden Verwaltungsaufwand ausgesetzt, sondern laufen auch Gefahr, mit Regressansprüchen konfrontiert zu werden, wenn sie z. B. fehlerhafte Auskünfte über Versorgungsfragen erteilen.

I. Inhalt und Umfang des Anspruchs auf Entgeltumwandlung

1. Entgeltumwandlung als Anspruch des Arbeitnehmers auf betriebliche Altersversorgung

a) Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung

Seit dem 01.01.2002 haben AN einen Anspruch auf betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung. Dieser Anspruch ist in dem neuen § la BetrAVG geregelt. Damit haben AN erstmals einen individualrechtlichen Anspruch auf Entgeltumwandlung zugunsten einer betrieblichen Altersversorgung. Bis Ende 2001 war es noch der alleinigen Entscheidung des ArbG vorbehalten, ob und in welcher Form er seinen AN eine betriebliche Altersversorgung gewährte. Systematisch tritt der Entgeltumwandlungsanspruch damit neben die freiwilligen Zusagen der ArbG auf betriebliche Altersversorgung.

Unter einer Entgeltumwandlung ist die Umwandlung von künftigen Entgeltansprüchen „in eine wertgleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistungen” zu verstehen (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG). Begrifflich liegt eine Entgeltumwandlung immer dann vor, wenn Teile des Arbeitslohns nicht als Barlohn ausgezahlt werden, sondern als Beiträge zum Aufbau einer betrieblichen Altersversorgung dienen. Die Entgeltumwandlung, auch „deferred compensation” oder „aufgeschobene Vergütung” genannt, ist eine arbeitnehmerfinanzierte Variante der betrieblichen Altersversorgung im Gegensatz zur klassischen betrieblichen Altersversorgung. Hierbei kommt die Entgeltumwandlung durch eine Vereinbarung zwischen ArbG und AN zustande (vgl. zur Begriffsdefinition der Entgeltumwandlung: Blomeyer, DB 2001 S. 1413; Rieble, BetrAV 2001 S. 584).

Ab dem 01.01.2002 kann der AN von seinem ArbG verlangen; dass von seinem Gehalt bis zu maximal 4% der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten (im Jahre 2002 also bis zu einem Betrag von 2.160,00 €) zum Aufbau einer betrieblichen Altersvorsorge aufgewendet werden (Anspruch auf Entgeltumwandlung). Der Höchstbetrag ist unabhängig vom individuellen Gehalt und gilt für die alten wie für die neuen Bundesländer. Des Weiteren besteht direkt ab dem Jahr 2002 ein Anspruch in Höhe der vollen 4 % der BBG. Anders als die Riester Förderung, die erst allmählich stufenweise in den Jahren 2002 bis 2008 auf maximal 2.100,00 € in 2008 ansteigt, besteht der Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung bereits ab 2002 in voller Höhe.

b) Ausgestaltung des Entgeltumwandlungsanspruchs

Anspruchsberechtigt sind grundsätzlich AN, die aufgrund ihrer Beschäftigung in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind (§ 17 Abs. 1 Satz 1 und 3 BetrAVG). Geringfügig Beschäftigte, die auf die ihnen zustehende Versicherungsfreiheit verzichtet haben, sind in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert und haben damit ebenfalls einen Anspruch. Auch sogenannte arbeitnehmerähnliche Selbständige haben einen Anspruch auf Entgeltumwandlung gegenüber ihrem Auftraggeber, wenn sie aufgrund der selbständigen Tätigkeit in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind (§ 13 Abs. 1 Satz 2 i. V. mit Satz 3 BetrAVG). Durch das am 01.01.2002 in Kraft getretene Versorgungsänderungsgesetz (BGBl 2001 I S. 3926) erhalten Beamte die gleiche steuerliche Förderung für eine Alterssicherung wie AN; ein Anspruch auf betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung gegenüber dein Dienstherrn besteht dagegen nicht.

Nach § 1a Abs. 2 BetrAVG ist der Anspruch auf Entgeltumwandlung ausgeschlossen, wenn der AN bereits über eine über Entgeltumwandlung finanzierte betriebliche Altersversorgung verfügt. Soweit die bisherige Entgeltumwandlung die Obergrenze noch nicht erreicht hat, besteht gern. § 1a Abs. 1 BetrAVG ein “Auffüllungsanspruch”. Um dem AN zumindest eine gering substanzielle Versorgungsanwartschaft zu verschaffen und den ArbG vor relativ hohen Verwaltungskosten für Minimalentgeltumwandlung zu schützen (Blomeyer, NZA 2001 S. 914), muss der AN mindestens ein Hundertsechzigstel der Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV umwandeln. Dies sind im Jahr 2002 insgesamt 176,00 €. Hierbei ist zu beachten, dass es sich bei dem Mindestbetrag um einen dynamischen Betrag handelt, der sich ebenso wie die Beitragsbemessungsgrenze (BBG) jährlich ändert. Wird die Entgeltumwandlung nur in Höhe des notwendigen Minimums vereinbart, sollte ein dynamischer Betrag festgelegt, also z. B. nicht „176,00 €”, sondern „ein Betrag in Höhe von einem Einhundertsechzigstel der Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV, aufgerundet auf den nächsthöheren Euro Betrag” vereinbart werden. Erhöhen sich nämlich zum Jahresbeginn die Grenzwerte und unterbleibt eine Anpassung der Vereinbarung zur Entgeltumwandlung beim Mindestbetrag, so unterschreitet der festgelegte Betrag den Mindestwert. Die Folge ist, dass der Anspruch des AN erlischt. Der ArbG darf die Entgeltumwandlung dann nicht weiter durchführen, weil sie gemäß § la Abs. 1 Satz 4 BetrAVG unzulässig wäre (Grawert, Die neue Altersvorsorge, S. 61). Soweit der AN Teile seines regelmäßigen Entgelts für betriebliche Altersversorgung verwendet, kann der ArbG verlangen, dass während eines laufenden Kalenderjahres gleichbleibende monatliche Beiträge verwendet werden (§ la Abs. 1 Satz 5 BetrAVG), Die Vorschrift soll den Verwaltungsaufwand des ArbG begrenzen, der durch eine monatlich alternierende Beitragshöhe verursacht würde.

2. Entgeltumwandlungsanspruch und Tarifrecht

Mit der Entgeltumwandlung verfügt der AN über künftige noch nicht entstandene Entgeltansprüche. Folgt der Entgeltanspruch aus der normativen Wirkung eines Tarifvertrags, so ist die Disposition der Arbeitsvertragsparteien begrenzt (Rieble, a. a. O.). Dem hat der Gesetzgeber im neuen § 13 Abs. 5 BetrAVG Rechnung getragen, indem Entgeltansprüche, die auf einem Tarifvertrag beruhen, nur dann für eine Entgeltumwandlung verwendet werden dürfen, soweit dies durch „Tarifvertrag vorgesehen” (der Tarifvertrag selbst lässt die Entgeltumwandlung zu) oder durch „Tarifvertrag zugelassen” (der Tarifvertrag enthält eine Öffnungsklausel, nach der auch über Betriebsvereinbarungen oder Einzelverträge eine Entgeltumwandlung ermöglicht werden kann) ist. Voraussetzung hierfür ist, dass der Tarifvertrag gilt, d. h. seine normative Wirkung entfaltet. Dies ist nur dann der Fall, wenn entweder ArbG und AN tarifgebunden sind oder der Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt worden ist (§ 5 Abs. 4 TVG). Der ArbG muss also Mitglied des vertragschließenden Arbeitgeberverbandes oder Vertragspartner eines Firmentarifvertrags sein, während der AN Gewerkschaftsmitglied sein muss. Bei nicht gewerkschaftlich organisierten AN beruht dementsprechend das Gehalt nicht auf tarifvertraglicher Grundlage, auch wenn der ArbG diese „nach Tarif” bezahlt (Sasdrich/Wirth, BetrAV 2001 S. 401; zum Streitstand, inwieweit § 13 Abs. 5 BetrAVG das in § 4 Abs. 1 Satz 1 i. V. mit Abs. 3 TVG statuierte Günstigkeitspinzip auszuhebeln vermag, wird auf Rieble, a. a. O. und Blomeyer, a. a. O., verwiesen). Bei Zahlung von übertariflichen Zulagen beruhen diese ebenfalls nicht auf Tarifvertrag mit der Folge, dass der Mehrbetrag als Anspruch auf Entgeltumwandlung geltend gemacht werden kann (so auch Sasdrich/Wirth, a. a. O., und Rieble, a. a. O. S. 590). Nach der in § 30 h BetrAVG normierten Übergangsregelung gilt § 13 Abs. 5 BetrAVG für Entgeltumwandlungen, die auf Zusagen beruhen, die nach dem 29.06.2001 erteilt worden sind.

Ferner ist zu beachten, dass der neue Anspruch auf Entgeltumwandlung „tarifdispositiv” ist. Der Gesetzgeber hat. § la BetrAVG in die Liste der tarifdispositiven Vorschriften des § 17 Abs. 3 BetrAVG aufgenommen. Nimmt man die Vorschrift wörtlich, so können die Tarifvertragspartner über den Entgeltumwandlungsanspruch vollumfänglich verfügen, d. h. per Tarifvertrag den Anspruch der AN auf Entgeltumwandlung ausschließen (zu diesem Ergebnis gelangt Rieble, a. a. O.). Dies kann jedoch nicht die Intention des Gesetzgebers gewesen sein, der die betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung zugunsten der AN fördern möchte. Eine Disposition des Entgeltumwandlungsanspruchs durch die Tarifpartner würde dem kontraproduktiv entgegenwirken und der Wertordnung von § 1a BetrAVG widersprechen (ebenso Blomeyer, a. a. O.). Im Wege einer telelogischen Reduktion wird man trotz der Tarifdispositivität keinen generellen tariflichen Anspruchsausschluss durch die Tarifpartner als zulässig erachten können. Ein Totalausschluss des Entgeltumwandlungsanspruchs kann nur dann zulässig sein, wenn den Tarifunterworfenen eine gleichwertige Rechtsposition eingeräumt wird (Blomeyer, a. a. O.). M. E. handelt es sich hierbei vornehmlich um einen akademischen Streit, da die Gewerkschaften wohl kaum auf den ihren Mitgliedern zustehenden Entgeltumwandlungsanspruch verzichten werden, was die jüngsten Tarifabschlüsse zur betrieblichen Altersversorgung belegen.

3. Durchführungswege für den Entgeltumwandlungsanspruch

Macht der AN seinen ihm zustehenden Anspruch auf Entgeltumwandlung geltend, so stellt sich die Frage, welcher Durchführungsweg verwendet werden kann. Betriebliche Altersversorgung konnte bisher kumulativ über folgende vier Durchführungswege abgewickelt werden:

  • unmittelbare Versorgungszusagen durch den ArbG (Direktzusagen);
  • Zusagen über eine Unterstützungskasse;
  • Zusagen über eine Pensionskasse;
  • Zusagen über Direktversicherungen.

Mit dem ab 01.01.2002 eingeführten Pensionsfonds ist ein fünfter Durchführungsweg hinzugekommen (vgl. hierzu Ernst & Young/VDR, Ratgeber zur Altersvorsorge, S. 223 ff.).

Die Durchführung des Anspruchs auf Entgeltumwandlung setzt zunächst eine Vereinbarung zwischen ArbG und AN voraus (§ 1a Abs. 1 Satz 2 BetrAVG). Die Parteien können grundsätzlich frei darüber bestimmen, welchen Durchführungsweg sie für die Entgeltumwandlung wählen möchten. § 1a Abs. 1 Satz 3 BetrAVG begrenzt den Durchführungsweg insoweit, als er die Durchführung über einen Pensionsfonds oder eine Pensionskasse als obligatorisch vorschreibt, wenn der ArbG eine dieser Versorgungseinrichtungen anbietet. Andernfalls kann der AN verlangen, dass der ArbG für ihn eine Direktversicherung abschließt. Hierbei bleibt es dem ArbG vorbehalten, das Versicherungsunternehmen auszuwählen. Der AN kann hingegen verlangen, dass seine betriebliche Altersversorgung, sofern sie über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung durchgeführt wird, die Voraussetzungen für eine Förderung nach den §§ 10a, 82 Abs. 2 EStG erfüllt. § 1a Abs. 3 BetrAVG stellt insoweit eine Schnittstelle dar, die die staatliche Förderung der Eigenvorsorge mit der betrieblichen Altersversorgung verbindet. Dem AN wird hiernach ein Wahlrecht eingeräumt, ob er im Rahmen seiner betrieblichen Altersversorgung die steuerliche Förderung des „Riester Modells” in Anspruch nehmen möchte. Entscheidet sich der AN für „Riester”, so wird der umgewandelte Betrag voll der Steuer unterworfen und unterliegt der Sozialversicherungspflicht. Um die volle Zulage zu erhalten, muss ein Mindesteigenbeitrag in den Jahren 2002 und 2003 in Höhe von 1 %., in 2004 und 2005 in Höhe von 2 %, in 2006 und 2007 in Höhe von 3 % und ab dem Jahr 2008 in Höhe von 4 % des beitragspflichtigen Vorjahreseinkommens gezahlt werden, jedoch nicht mehr als die in § 10 a Abs. 1 Satz 1 EStG genannten Beträge, d. h, im Jahr 2008 müssen maximal 2.100,00 € aufgewendet werden, um die volle Zulage bzw. den Sonderausgabenabzug zu erhalten (vgl. § 86 Abs. 1 Satz 2 EStG). Für den AN stellt sich somit eine zweifache Frage, ob er von der privaten kapitalgedeckten Riester Rente Gebrauch macht, indem er einen zertifizierten privaten Vertrag abschließt, oder ob er stattdessen (oder kumulativ) seinen Anspruch auf Entgeltumwandlung gegenüber seinem ArbG geltend macht und im Rahmen des Entgeltumwandlungsmodells die „Riester Förderung” in Anspruch nimmt.

Die Entscheidung, welches Modell der Altersvorsorge gewählt wird, sollte sich u. a. an dem zu leistenden Aufwand orientieren. Die „Riester Rente” wird grundsätzlich nur für die unteren Einkommensgruppen (Haushaltseinkommen von weniger als 25 000 €) oder für Haushalte mit mehreren Kindern sinnvoll sein.

Schließlich soll an dieser Stelle noch darauf hingewiesen werden, dass nach dem neuen § 1 b Abs. 5 1. Halbsatz BetrAVG Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, die mittels Entgeltumwandlung finanziert wurden, sofort gesetzlich unverfallbar sind (vgl. den neuen § 1b i. V. m. § 30 f Satz 1 BetrAVG zu den Voraussetzungen der Unverfallbarkeit bei arbeitgeberfinanzierten Versorgungszusagen ab dem 01.01.2001). Im Falle eines Ausscheidens behält der AN somit seine bis dahin erworbene Anwartschaft. Diese Neuregelung gilt nach § 30 f Satz 1 und 2 BetrAVG für alle Anwartschaften, die nach dem 31.12.2000 entstanden sind.

4. Anpassungsprüfungspflichten bei Entgeltumwandlung

Die Verpflichtung des ArbG zur Anpassung der laufenden Renten ist in § 16 BetrAVG geregelt. Hiernach ist der ArbG grundsätzlich verpflichtet, alle drei Jahre zu prüfen, inwieweit eine Anpassung der laufenden Renten zu erfolgen hat. Soweit die betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung finanziert wird, ist der ArbG verpflichtet, die Leistungen mindestens entsprechend § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG anzupassen, d. h. die Renten sind jährlich um wenigstens 1 % anzupassen (§ 16 Abs. 5 BetrAVG). Der ArbG ist somit kraft Gesetzes von der dreijährigen Anpassungsüberprüfungspflicht entledigt. Wird die Entgeltumwandlung über eine Direktversicherung oder eine Pensionskasse durchgeführt, so sind sämtliche Überschussanteile entsprechend § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG zu verwenden, d. h. ab Rentenbeginn sind sämtliche auf den Rentenbestand entfallenden Überschussanteile zur Erhöhung der laufenden Leistungen zu verwenden. Diese Regelungen gelten allerdings wie auch die sonstigen Regelungen zur Anpassung von Betriebsrenten nicht für Leistungen aus Beitragszusagen mit Mindestleistung gern. § 16 Abs. 3 Nr. 3 BetrAVG. Die Neuregelung des § 16 Abs. 5 BetrAVG findet gemäß § 30 c Abs. 3 BetrAVG nur auf laufende Leistungen Anwendung, die auf Zusagen beruhen, die nach dem 31.12.2000 erteilt worden sind.

5. Vorzeitiges Ausscheiden mit Anwartschaften aus Entgeltumwandlung

Scheidet ein AN mit einer durch Entgeltumwandlung finanzierten betrieblichen Versorgungszusage vor Erreichen des Versorgungsfalls aus, so hat er stets eine unverfallbare Anwartschaft. Die Höhe dieser unverfallbaren Anwartschaft wird in dem neuen § 2 Abs. 5 a BetrAVG geregelt, wonach „die vom Zeitpunkt der Zusage auf betriebliche Altersversorgung bis zum Ausscheiden des AN erreichte Anwartschaft auf Leistungen aus den bis dahin umgewandelten Entgeltbestandteilen” tritt. Der Gesetzgeber hat hiernach quasi eine versicherungsförmige Lösung eingeführt. Bei vorzeitigem Ausscheiden wird dem AN als Anwartschaft der Kapitalbetrag zugesprochen, der durch die tatsächlich geleisteten Beiträge einschließlich Zinsen und Zinseszinsen erwirtschaftet worden ist. Nach bisherigem Recht entspricht die bei vorzeitigem Ausscheiden zustehende Anwartschaft in den Durchführungswegen der Direktzusage und der Unterstützungskasse zwingend dem Anteil an der zugesagten Versorgung, der dem Anteil der tatsächlichen zur möglichen Betriebszugehörigkeit bei einem Verbleiben bis zum Eintritt in den Ruhestand entspricht (prorata temporis Verfahren). Nach der Übergangsregelung des § 30g Abs. 1 Satz 1 BetrAVG gilt die Neuregelung des § 2 Abs. 5a BetrAVG nur für Anwartschaften, die auf Zusagen beruhen, die nach dem 31.12.2000 erteilt worden sind. Bei Einvernehmen zwischen ArbG und AN besteht die Möglichkeit, die Vorschrift des § 2 Abs. Sa BetrAVG auch auf Anwartschaften anzuwenden, die auf vor dem 01.01.2001 erteilten Zusagen beruhen (§ 30 g Abs. 1 Satz 2 BetrAVG).

6. Abfindung von Anwartschaften aus Entgeltumwandlung

Die Abfindung von unverfallbaren Anwartschaften aus Entgeltumwandlung ist in § 3 BetrAVG geregelt und wurde von dem Gesetzgeber durch das Altersvermögensgesetz rückwirkend zum 01.01.2001 gesondert geregelt. Die Neuregelung besagt, dass eine ab dem 01.01.2001 erteilte Entgeltumwandlungszusage nur mit Zustimmung des AN abgefunden werden darf. Diese Rechtsfolge ergibt sich aus § 3 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG, dem das AVmG eine Nr. 4 anfügte. Zudem ist selbst bei Zustimmung des AN die Abfindung nur dann zulässig, wenn die Höchstgrenzen für Abfindungen aus § 3 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 und 2 BetrAVG nicht überschritten werden. Der Gesetzgeber wollte bei ab dem 01.01.2001 begründeten Entgeltumwandlungen die Abfindungsmöglichkeit für unverfallbare Anwartschaften bewusst nicht mehr einseitig dem ArbG zugestehen. Der AN soll nach der Intention des Gesetzgebers die Möglichkeit besitzen, durch Entgeltumwandlung das Absinken des Leistungsniveaus der gesetzlichen Rentenversicherung auszugleichen oder zumindest zu mildern (Höfer, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, Kommentar Band I Arbeitsrecht Stand August 2001, § 3 Abschnitt 7 Randnr. 2175.50).

II. Haftungsrisiken für Arbeitgeber

1. Aufklärungs und Beratungspflichten des Arbeitgebers im Rahmen des Entgeltumwandlungsanspruchs

Die AN werden von dem ihnen ab 01.01.2002 eingeräumten Recht auf betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung zunehmend Gebrauch machen. Die förmliche „Überflutung” der AN mit Informationen zu der „Riester Rente” und den Möglichkeiten, Entgeltumwandlung zu betreiben, hat die Anspruchsberechtigten insoweit sensibilisiert, als dass es mittlerweile als „kollektives Bewusstsein” bezeichnet werden kann, dass die gesetzlichen Rentenversicherungsträger nicht mehr alleine in der Lage sind, den nachberuflichen Lebensabend zu finanzieren. Dementsprechend beabsichtigen eine nicht unerhebliche Anzahl von AN noch bis zum 31.12.2002 weitergehende Informationen einzuholen, um gegebenenfalls noch in diesem Jahr einen zertifizierten Altersvorsorgevertrag abzuschließen oder, sich einen Anspruch auf betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung zu verschaffen.

Naturgemäß werden sich hierbei viele AN an ihren ArbG wenden, insbesondere wenn sie eine Entgeltumwandlung herbeiführen wollen. Die ÄrbG sehen sich somit zunehmend Anfragen ausgesetzt; die zur Entlastung der Personalabteilungen verwaltungsarm kanalisiert werden müssen, um die zusätzlich entstehenden Kosten möglichst gering zu halten. Für die ArbG wird es vielfach nicht leicht sein, sich die notwendigen korrekten Informationen zu beschaffen. Deshalb stellt sich für viele ArbG die Frage, ob und inwieweit ihnen Beratungs- und Aufklärungspflichten obliegen, etwa über die Auswirkungen der Entgeltumwandlung auf Lohnsteuer- und Sozialversicherungsbeiträge, die Auswahl des günstigsten Versorgungsträgers und der passenden Versorgungsleistungen (so auch Blomeyer, a. a. O.). Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass Unternehmen Beratung und Unterstützung bei der Abwicklung der an sie gerichteten „Versorgungsanfragen” auch unter dem Gesichtspunkt der Haftungsminimierung benötigen.

a) Rechtsprechung und Literatur zur Fürsorgepflicht

Das reformierte Betriebsrentengesetz gibt als lex specialis keine Auskunft darüber, ob und inwieweit dem ArbG Aufklärungs- und Beratungsverpflichtungen bei der Umsetzung des Entgeltumwandlungsanspruchs obliegen (in § 2 Abs. 6 BetrAVG ist jedoch die Auskunftspflicht der ArbG oder sonstiger Versorgungsträger statuiert, wonach diese dem ausgeschiedenen AN Auskunft darüber zu erteilen haben, ob für ihn die Voraussetzungen einer unverfallbaren betrieblichen Altersversorgung erfüllt sind und in welcher Höhe er Versorgungsleistungen bei Erreichen der in der Versorgungsregelung vorgesehenen Altersgrenze beanspruchen kann). Eine Informationspflicht der ArbG im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung könnte sich jedoch aus der jedem Arbeitsverhältnis innewohnenden allgemeinen Fürsorgepflicht ergeben (vgl. hierzu Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 9. Aufl., § 108 Rn. 9). Aus der Fürsorgepflicht ergeben sich Schutz-, Sorgfalts-, Auskunfts-, Beratungs-, Hinweis- und Aufklärungspflichten. Soweit die normierten Pflichten, die sich aus Gesetz, Tarifvertrag oder Einzelvertrag ergeben können, nicht ausreichen, besteht eine entsprechende Schutzpflicht gegenüber dem AN, diesen bei entsprechendem Beratungsbedarf aufzuklären. Dies gilt vor allem dann, wenn der ArbG wesentlich leichter und besser wichtige Informationen für den AN beschaffen und zugänglich machen kann, als es diesem selbst möglich ist (Blomeyer, a. a. O., unter Hinweis auf BAG, AP Nr. 24 zu § 1 BetrAVG, AP Nr. 25 zu § 242 BGB Auskunftspflicht). Das BAG hat die allgemeinen Informationspflichten im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung in den letzten Jahren erheblich ausgeweitet, allerdings vor allem für den Bereich des öffentlichen Dienstes. Hier ist jüngst eine Entscheidung ergangen, die einem AN für fehlerhafte Auskünfte durch den ArbG über Versorgungsansprüche einen „Versorgungsschaden” und damit einen Schadensersatzanspruch zuerkannt hat (BAG, DB 2002 S. 223).

Bereits in den 60er Jahren hat sich das BAG in zahlreichen Entscheidungen, die vorwiegend den Bereich des öffentlichen Dienstes betrafen, mit der Haftung des ArbG wegen unterlassener Aufklärungspflicht und deren Umfang befasst. Hiernach ist der ArbG des öffentlichen Dienstes aufgrund der aus dem Dienstverhältnis abgeleiteten Fürsorgepflicht gehalten, dem AN den Zugang zu der Versicherung zu eröffnen, die im Interesse des AN zur Sicherung seiner Altersversorgung eingerichtet ist. Das BAG geht sogar soweit, dass es dem Dienstherrn die Pflicht auferlegt, zur Vermeidung schuldhafter arbeitsvertraglicher Unterlassungen seine Personalabteilung mit fachlich qualifiziertem Personal zu besetzen (vgl. hierzu BAG, AP Nr. 36 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht). Weiterhin hat das BAG in zahlreichen Entscheidungen entschieden, dass der ArbG den AN über die verschiedenen bestehenden Versorgungswege aufzuklären hat. Gibt er in diesem Zusammenhang Empfehlungen über die Vorteile eines Versorgungsweges, so haftet er für deren Richtigkeit und Vollständigkeit (vgl. hierzu BAG, AP Nr. 2, 3, 5, 12, 22, 23, 27, 28, 32 zu § 1 BetrAVG Zusatzversorgungskassen). Die Rechtsprechung des BAG geht sogar so weit, dass der ArbG des öffentlichen Dienstes verpflichtet sein kann, den AN nach Ablauf einer zweijährigen Betriebszugehörigkeit darüber aufzuklären, dass er nach Ablauf einer Frist von einem Monat den Antrag auf Aufnahme in die Pensionskasse stellen muss (BAG, AP Nr. 32 zu § 1 BetrAVG Zusatzversorgungskassen).

b) Aufklärungspflichten des Arbeitgebers anhand exemplarischer Fallgruppen

Die geringste Intensität in rechtlicher Hinsicht bringt der ArbG in den Fällen auf, in denen er dem AN nur eine finanzielle Zuwendung gewährt, ohne irgendeine Empfehlung oder Rat hinsichtlich der Anlage des Geldes zu geben. Hierunter fallen z. B. die oftmals gewährten vermögenswirksamen Leistungen oder ein Zuschuss zum Aufbau einer kapitalgedeckten Altersvorsorge, die vom AN selbst ausgewählt wird. Bei dieser Fallgruppe besteht keine Beratungspflicht des ArbG, da er lediglich eine gesetzliche, tarifvertragliche oder individualarbeitsvertragliche Verpflichtung erfüllt oder aufgrund einer Betriebsvereinbarung Geldleistungen erbringt (Loritz, ZFA 2001 S. 199).

Die Einflussnahme des ArbG auf den AN nimmt in denen Fällen zu, in denen der ArbG selbst eine betriebliche Beteiligung anbietet. Gewährt der ArbG nur hierfür Zuschüsse, nicht aber für eine außerbetriebliche Investition oder für Letztere nur in geringerem Umfang, so übt der ArbG nicht nur eine gewisse Anreizwirkung auf den AN aus, sondern wird bei der Auswahl des Versorgungswegs insoweit „lenkend” tätig, als dass er eine von ihm präferierte Vorauswahl trifft. Diese könnte z. B. darin bestehen, dass der ArbG einer übertrieblichen rückgedeckten Unterstützungskasse beitritt, Mitglied einer Pensionskasse wird oder Lebensversicherungen in Form von Direktversicherungen als betriebliche Altersvorsorgemodelle anbietet. Macht der AN von seinem ihm zustehenden Anspruch auf betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung Gebrauch und bezuschusst der ArbG Teile des umgewandelten Entgelts nur dann, wenn sie entsprechend der vom ihm ausgewählten Versorgungswege verwendet werden, so wird die Einflussnahme vollends deutlich. Denkt man hierbei an Fallgestaltungen, bei denen einem AN hinsichtlich der arbeitgeberseitigen Zuwendungen mangels noch nicht unverfallbarer Anwartschaften der Insolvenzschutz versagt bleibt, so wird ein Regressprozess gegen den ArbG die unweigerliche Folge sein, wenn die prognostizierten oder gar garantierten Versorgungsleistungen nicht erfüllt werden können. Die Argumentationslinie des AN, wäre er damals von seinem ArbG auf die Risiken der Anlage hingewiesen worden, so hätte er von dem Angebot keinen Gebrauch gemacht und stattdessen einen höheren Barlohn bevorzugt oder in eine andere Form der Altersversorgung investiert und stünde dementsprechend heute wirtschaftlich besser da, wird nur schwer zu entkräften sein (so auch Loritz, a. a. O. S. 200). Bei dieser Fallgestaltung ist eine Haftung des ArbG zu bejahen, wenn er nicht nachweisen kann, dass er den AN vollumfänglich über potenzielle Risiken der vom ihm bezuschussten betrieblichen Altersversorgung aufgeklärt hat und den herangezogenen Modellrechnungen die richtigen Prämissen zugrunde lagen (die Einstandspflicht des ArbG für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen besteht auch bei zugesagten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, die über einen externen Versorgungsträger abgewickelt werden; vgl. § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG). Implementiert der ArbG selbst ein betriebliches Versorgungswerk, so treffen ihn noch weitergehende Aufklärungs- und Beratungspflichten. Der ArbG nimmt in diesem Fall als Initiator und aufgrund seiner Vertrauensstellung maßgeblichen Einfluss auf seine AN. Die überlegene Sachkenntnis des ArbG erfordert eine umfassende Information der AN über die Ausgestaltung des neuen Versorgungswerks und die hiermit verbundenen Kapitalanlagerisiken. Da der ArbG kaum in der Lage sein wird, jeden AN individuell aufzuklären (vor allem wäre der ArbG wohl kaum imstande, dies später einmal im Prozess beweisen zu können), wird er nicht umhinkommen, entsprechende Belegschaftspräsentationen abzuhalten. Auch die Herausgabe von Firmenbroschüren kann zur Information der Mitarbeiter notwendig sein, um eine anlagegerechte Beratung zu gewährleisten.

2. Strategien zur Reduktion der Haftung

Der für den ArbG sicherste und einfachste Weg, sich einer potenziellen Haftung zu entziehen, besteht darin, sich auf die Rolle des „Geldgebers” zu beschränken, d. h. die zugewendeten Mittel können vom AN frei verwendet werden.

Sobald der ArbG aber über die beschriebene Rolle des bloßen Geldgebers hinaustritt, besteht die Gefahr, dass er auch für unentgeltliche und freiwillige Beratungsleistungen und Empfehlungen haftet (bei Altersvorsorgemodellen ist durch den gesetzlichen Insolvenzschutz durch das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung die Problematik in Bezug auf die Ansprüche der AN aus tatsächlichen Gründen weitgehend entschärft. Dies gilt jedoch nicht in Bezug auf die möglichen Ansprüche des Pensions-Sicherungs-Vereins gegen den ArbG; vgl. hierzu die Regelungen in § 9 Abs. 2 bis 5 BetrAVG). Hiervor kann sich der ArbG schützen, wenn er sich qualifizierter Berater bedient. Sucht er diese Berater sorgfältig aus, was anzunehmen ist, wenn er sich anerkannter Altersvorsorge-Consultants, Banken und Lebensversicherer mit speziellen Fachabteilungen bedient, so kann, wenn der Berater Fehler begeht oder sich das Anlagerisiko wirtschaftlich realisiert, schon kein Haftungstatbestand erfüllt sein (so auch Loritz, a. a. O.).

Sobald der ArbG „aktiv” ein bestimmtes Modell empfiehlt, muss er seine Rolle im Vorfeld festlegen. Insbesondere sollte er weder Empfehlungen geben noch Beratungen durchführen, wenn hierfür nicht die erforderlichen Spezialkenntnisse in seinem Unternehmen abrufbar sind. Die in diesem Falle einzuschaltenden Berater werden zusammen mit dem ArbG ein individuelles und haftungsoptimiertes Vorsorgekonzept erstellen. Das reformierte Betriebsrentengesetz bietet hierfür zahlreiche Möglichkeiten. So besteht aufgrund des neu eingeführten § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG die Möglichkeit, über die Versorgungswege Pensionsfonds, Pensionskasse oder Direktversicherung eine Beitragszusage mit Mindestleistung einzuführen, bei denen eine Haftungsreduktion dadurch sichergestellt ist, dass der ArbG nur für die eingezahlten Beiträge einzustehen hat (soweit diese nicht für einen biometrischen Risikoausgleich verbraucht worden sind). Eine hohe Kalkulierbarkeit mit einhergehender Haftungsreduktion kann auch dadurch erreicht werden, dass nur beitragsorientierte Versorgungssysteme implementiert werden. Das Unternehmen zahlt als sogenanntes Trägerunternehmen seine Beiträge z. B. an eine kongruent rückgedeckte Unterstützungskasse. Diese leitet die Beträge an einen Versicherer weiter, der bei Eintritt des Versorgungsfalls die Leistungen an die Unterstützungskasse erbringt, die diese Gelder unmittelbar an den Versorgungsberechtigten weiterleitet. Soweit der ArbG bei diesem System seine Beiträge ordnungsgemäß an die Unterstützungskasse entrichtet, ist eine Haftung nahezu ausgeschlossen.