Urlaubsabgeltung
von Rechtsanwalt Markus Bär, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Arbeitsrecht für Arbeitnehmer und Betriebsräte, Darmstadt
Nachfolgend finden Sie Informationen zu den Fragen, was eine Urlaubsgeltung ist, wann der Anspruch auf Abgeltung von Urlaub entsteht und was man beachten muss, um den Anspruch auf Abgeltung von Urlaub nach Beendigung des Arbeitsverhältnis erfolgreich geltend zu machen.
Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Voraussetzung für eine Urlaubsabgeltung
Es gibt verschiedene Szenarien, in denen Sie nicht mehr die Möglichkeit haben, den Ihnen zustehenden Urlaub im Laufe eines Jahres zu nehmen. Die häufigste Situation, in denen Ihr Urlaub abgegolten wird, ist die Kündigung. Oft stellen Arbeitgeber Arbeitnehmer nach Ausspruch einer Kündigung von der Erbringung der Arbeitsleistung unter Anrechnung von Urlaub und evtl. Ansprüchen auf Freizeitausgleich frei. Ob dies rechtlich möglich ist, bedarf der Prüfung des jeweiligen Einzelfalls. Zudem besteht die Möglichkeit, aufgrund tarif- oder individualvertraglicher Klauseln eine Abgeltung zu vereinbaren, allerdings stellt dies die Ausnahme dar. Dies ergibt sich aus § 7 Abs. 4 BUrlG, der lediglich die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses als Abgeltungsgrund nennt.
Nun stellt sich die Frage:
Was sind die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Urlaubsabgeltung? Wie berechne ich diesen Anspruch? Und wie mache ich meinen Anspruch geltend?
Das zeige ich Ihnen nun:
Voraussetzungen
Der Anspruch auf Abgeltung des nicht genommenen Urlaubs nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ergibt sich aus § 7 Abs. 4 BUrlG.
Bestehen eines Urlaubsanspruchs
Zunächst einmal muss Ihnen ein Anspruch auf Urlaub zustehen. Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub ergibt sich aus § 1 BUrlG und beträgt gem. § 3 Abs. 1 BUrlG bei einer 6-Tagewoche 24 und bei einer 5-Tagewoche 20 Tage.
a) Bestehen eines Arbeitsverhältnisses
Für die Entstehung des Urlaubsanspruchs bedarf es zunächst das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses. Hierbei ist es egal, ob es sich bei Ihnen um einen normalen Arbeitnehmer, Manager oder um einen leitenden Angestellten handelt. Gem. § 611a BGB ist Arbeitnehmer, wer Dienstleistungen aufgrund privatrechtlichen Vertrags, in persönlicher Abhängigkeit und weisungsgebunden erbringt.
b) Erfüllung der Wartezeit
Dieses Arbeitsverhältnis muss während der sechsmonatigen Wartezeit des § 4 BUrlG ununterbrochen Bestand gehabt haben. Auf die tatsächliche Erbringung einer Arbeitsleistung kommt es nicht an. So hindert eine Arbeitsunfähigkeit aufgrund Erkrankung den Ablauf der Wartezeit nicht.
Erst nach Ablauf der sechs Monate ist Ihr Arbeitgeber verpflichtet, Ihnen Ihren vollen Urlaubsanspruch zu gewähren. Sollten Sie vor Ablauf der Wartezeit wieder aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, erwerben Sie einen Anspruch auf Teilurlaub nach § 5 Abs. 1 lit. a und b BUrlG.
Passen Sie aber auf:
Die Erfüllung einer Wartezeit kann gem. § 13 Abs. 1 S. 3 BUrlG wirksam zugunsten des Arbeitnehmers abgedungen werden. Für Sie bedeutet das, dass für Sie ggf. eine kürzere oder gar keine Wartezeit gilt.
c) Bestehende Urlaubstage
Ihnen steht je nach Arbeitswoche entweder 20 Urlaubstage (5-Tagewoche) oder 24 Urlaubstage (6-Tagewoche) zu, § 3 Abs. 1 BUrlG. Diese Urlaubstage dürfen noch nicht vollständig verbraucht worden sein.
Kein Verfall des Urlaubs
Wenn Ihnen ein Anspruch auf Urlaub zusteht, darf dieser nicht nach § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen sein. Gem. § 7 Abs. 3 S. 1 BUrlG muss Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Hiervon kann nach Satz 2 abgewichen werden, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Der danach übertragene Urlaub muss nach Satz 3 innerhalb der ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden.
Dies gilt allerdings mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur, wenn Ihr Arbeitgeber von seiner Mitwirkungsobliegenheit keinen Gebrauch gemacht hat. Unter dieser Mitwirkungsobliegenheit ist konkret zu verstehen, dass den Arbeitgeber die Verantwortung trifft, Sie als Arbeitnehmer sowohl rechtzeitig aufzufordern, Ihren Urlaub zu nehmen, als auch Ihnen den Urlaub zu gewähren. Daneben ist er angehalten, Sie über den Verfall des Urlaubsanspruchs aufzuklären, falls Sie nicht zum Ende des Kalenderjahres oder zulässigen Übertragungszeitraums Ihren Urlaub nehmen.
Hat Ihr Arbeitgeber dies nicht getan, hat dies zur Folge, dass ihr Anspruch auf Urlaub weder verfallen noch verjährt ist. Zu dieser Thematik habe ich Ihnen bereits zwei Urteile aufbereitet:
Urteil vom 19.02.2019 – 9 AZR 541/15 – (Link auf: https://www.ra-baer-arbeitsrecht.de/verfall-von-urlaubsanspruechen-hinweispflicht-des-arbeitgebers/)
Urteil vom 31.01.2023 – 9 AZR 541/15 – = (Link auf: https://www.ra-baer-arbeitsrecht.de/verjaehrung-von-urlaubsabgeltungsanspruechen/)
Konkret bedeutet das für Sie:
Hat Ihr Arbeitgeber von seiner Mitwirkungsobliegenheit keinen Gebrauch gemacht, nehmen Sie ihre verbliebenen Urlaubstage in das nächste Kalenderjahr mit.
Kein Ausschluss durch Ausschlussfristen
Daneben darf die Geltendmachung eines Abgeltungsanspruchs nicht durch eine tarif- oder individualvertragliche Klausel ausgeschlossen worden sein.
Hierbei gilt es zu beachten:
Oftmals sind solche Ausschlussfristen fehlerhaft und damit unwirksam. Alles, was Sie zu Ausschluss- und Verfallsfristen wissen müssen, finden Sie hier: https://www.ra-baer-arbeitsrecht.de/rechts-service/arbeitsrechtslexikon-fuer-arbeitnehmer/ausschlussfristen-verfallsfristen-beachten/)
Höhe des Abgeltungsanspruch
Wenn diese vorgenannten Voraussetzungen erfüllt sind, stellen Sie sich die Frage, wie hoch Ihr Abgeltungsanspruch sein wird.
Die Höhe des Abgeltungsanspruchs richtet sich danach, wie hoch ihr Urlaubsentgelt gewesen wäre. Anders gesagt: Die Abgeltung entspricht Ihrem Urlaubsentgelt.
Das Urlaubsentgelt ist in § 11 Abs. 1 S. 1 BUrlG geregelt und richtet sich grundsätzlich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst der letzten dreizehn Wochen vor Beginn des Urlaubs. Auf den Abgeltungsanspruch übertragen, sind das die letzten dreizehn Wochen vor der Kündigung.
Die Berechnungsformel lautet danach wie folgt:
Durchschnittliches Entgelt der letzten 13 Wochen : 65 Tage bei einer 5 Tagewoche = Urlaubsentgelt pro Tag
Urlaubsentgelt pro Tag x Offene Urlaubstage = Abgeltungsanspruch
Für die Veranschaulichung ein kleines Beispiel:
Beispiel:
Der Arbeitnehmer A ist seit dem 19.04.2018 bei der Arbeitgeberin B beschäftigt. Sein monatliches Arbeitsentgelt sind 3.000,00 € brutto bei einer 5-Tagewoche. Ihm steht lediglich der gesetzliche Mindesturlaub von 20 Tagen zu, arbeitsvertraglich wurde kein Mehrurlaub vereinbart. Die B unterließ es, den A rechtzeitig aufzufordern, seinen Urlaub im jeweiligen Kalenderjahr zu nehmen. Auf die Möglichkeit des Verfalls hat sie ihn auch nicht gesondert hingewiesen. In den Jahren 2018 bis 2020 hat der A seine kompletten Urlaubstage genommen. Im Jahr 2021 hat er 3 Urlaubstage genommen und im Jahr 2022 5 Urlaubstage. Im November 2022 wird der A fristlos zum 31.12.2022 gekündigt.
Der A fragt sich nun, wie hoch sein Anspruch auf Abgeltung seines Urlaubs ist.
Lösung:
Zunächst gilt es zu klären, wie viele Urlaubstage dem A noch zustehen. Da die B Ihrer Mitwirkungsobliegenheit hier nicht nachgekommen ist, ist der Urlaub des Jahres 2021 nicht verfallen. Demnach steht dem A für das 2021 noch 17 Urlaubstage und für das Jahr 2022 noch 15 Urlaubstage zu.
Das durchschnittliche Entgelt der letzten 13 Wochen vor der Kündigung entspricht 9.000,00 € brutto.
Somit berechnet sich der Abgeltungsanspruch wie folgt:
9.000,00 € brutto : 65 = 138,46 € brutto Urlaubsentgelt pro Tag x 32 Urlaubstage = 4.430,77 € brutto Urlaubsabgeltung
Geltendmachung des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung
Nachdem Sie nun festgestellt haben, dass Ihnen ein Urlaubsabgeltungsanspruch zusteht und diesen der Höhe nach berechnet haben, stellt sich nun die Frage, wie man diesen Anspruch am besten geltend machen sollte. Ich verrate es Ihnen:
Geltendmachung beim Arbeitgeber
Zuerst sollten sie Ihren Arbeitgeber schriftlich auffordern, Ihnen den nicht gewährten Urlaub abzugelten. Hier sollten Sie angeben, wie viele Urlaubstage Ihnen noch zustehen.
Falls Sie die Abgeltung wegen bspw. einer Erkrankung geltend machen wollen und dies nach ihrem Arbeitsvertrag möglich ist, ist es ratsam den Grund der Arbeitsunfähigkeit darzulegen. Als Nachweis bietet es sich an, bspw. ärztliche Atteste dem Schreiben beizufügen, um Ihren Anspruch zu unterstützen.
Innerhalb des Schreiben sollten Sie ihrem Arbeitgeber eine angemessene Frist setzen, innerhalb derer er auf Ihr Schreiben zu reagieren hat. Für die richtige Länge einer angemessenen Frist gibt es keine pauschale Antwort, es ist immer eine Frage des konkreten Einzelfalls. Allerdings bietet sich in der Regel eine Frist von mindestens einer Woche an.
Ein mögliches Schreiben könnte so aussehen:
„Sehr geehrter Herr X,
hiermit möchte ich meinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung geltend machen, da mir noch aus den letzten Jahren insgesamt … Urlaubstage zustehen. Gem. § 7 Abs. 4 BUrlG habe ich das Recht, diese Urlaubsage finanziell abgegolten zu bekommen, nachdem Sie mich zum … gekündigt haben.
Ich bitte Sie, die Urlaubsabgeltung in Höhe von … € brutto mir bis spätestens zum … (Frist von einer Woche ab dem Datum des Schreibens) auf mein unten angegebenes Bankkonto zu überweisen.
Sollte die Zahlung nicht fristgerecht erfolgen, behalte ich mir vor, rechtliche Schritte einzuleiten.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Ich bitte Sie, mich über die Ihnen bekannte Telefonnummer oder per E-Mail unter der Ihnen bekannten E-Mail-Adresse zu kontaktieren.
Mit freundlichen Grüßen,
…“
Achtung:
Bitte beachten Sie, dass Sie nachweisen müssen, dass ihr Arbeitgber ihr Schreiben auf Abgeltung des Urlaubs erhalten hat. Am besten lassen Sie sich den Erhalt des Schreiben persönlich quittieren oder lassen das Schreiben über einen Zeugen abgeben. Einschreiben beweisen allenfalls den Zugang eines Schreibens an den Arbeigeber, aber nicht dessen Inhalt. E-Mails sind ebenfalls kein sicherer Nachweis über den Zugang.
Geltendmachung vor Gericht
Sollte Ihr Arbeitgeber Ihren Abgeltungsanspruch entweder ablehnen oder gar nicht reagieren, bleibt Ihnen noch die gerichtliche Geltendmachung vor Ihrem zuständigen Arbeitsgericht. Dort können Sie eine Klage auf Abgeltung Ihres Urlaubs einreichen.
Vor den Arbeitsgerichten können Sie sich selbst vertreten und sind nicht notwendigerweise auf die Hilfe eines Rechtsbeistands angewiesen. Allerdings zeigt die Erfahrung, dass die Konsultierung eines Rechtsanwalts bei diesen Fragen zu empfehlen ist. Auf dem Weg zur Geltendmachung Ihrer Urlaubsabgeltungsansprüche gibt es unterschiedliche Stolpersteine juristischer und nichtjuristischer Art, welche einer erfolgreichen Geltendmachung zumeist entgegenstehen. Gerne helfe ich Ihnen dabei!
Rechtsanwalt Markus Bär, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Arbeitsrecht für Arbeitnehmer und Betriebsräte
Schleiermacherstraße 10
64283 Darmstadt
Tel.: 0 61 51 / 951- 600
Fax: 06151 – 951- 60-20
www.ra-baer-arbeitsrecht.de
arbeitnehmeranwalt@ra-baer.de
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Ihr Rechtsanwalt für das Thema Abfindung: Was kann ich für Sie tun?
Sie haben eine Kündigung erhalten und möchten mit Ihrem Arbeitgeber über eine Abfindungslösung sprechen? Oder stehen Sie vor der Entscheidung, einer einvernehmlichen Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag oder Abwicklungsvertrag bei Zahlung einer Abfindung zuzustimmen? In allen Fällen berate ich Sie als Fachanwalt für Arbeitsrecht. Ich bin ausschließlich als Arbeitnehmeranwalt tätig, sodass Sie sich jederzeit darauf verlassen können, dass ich Ihre Interessen durchsetze. Sollte Ihnen bereits ein konkreter Abfindungsvorschlag vorliegen (möglicherweise auf der Grundlage eines Sozialplans oder eines Aufhebungsvertrags), so prüfe ich dieses Angebot für Sie gerne und stelle Ihnen Ihre rechtlichen Möglichkeiten dar.
Je nach Lage des Falles bzw. entsprechend Ihren Wünschen trete ich entweder nach außen nicht in Erscheinung oder aber ich verhandle in Ihrem Namen mit Ihrem Arbeitgeber bzw. mit den Vertretern der Gesellschafter.
Ihr Ansprechpartner rund um die Abfindung: Fachanwalt für Arbeitsrecht Markus Bär
Wichtig ist, dass Sie sich im Falle einer Kündigung durch Ihren Arbeitgeber schnell an Ihren Rechtsanwalt in Darmstadt wenden, um eine Abfindung durchzusetzen. Nach Eingang der Kündigung haben Sie nur eine dreiwöchige Frist, um Kündigungsschutzklage zu erheben. Tun Sie dies nicht, wird das Arbeitsverhältnis rechtskräftig beendet und Sie haben dementsprechend auch keine Möglichkeit mehr, eine Abfindung zu erhalten. Zögern Sie also nicht und nehmen Sie sofort Kontakt mit unserer Kanzlei auf.
Für eine möglichst schnelle und effektive Beratung benötige ich folgende Unterlagen:
- Arbeitsvertrag/Geschäftsführereinstellungsvertrag
- Gehaltsnachweise
- Aufhebungsvertragsangebot/Abwicklungsvertragsangebot (falls vorhanden)
- Abfindungsangebot/Sozialplan (falls vorhanden)
Auch wenn Sie Fragen zu den steuerrechtlichen Aspekten einer Abfindung im Arbeitsrecht haben oder wissen wollen, inwiefern die Entschädigungszahlung Ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld beeinflusst, stehe ich Ihnen gerne beratend zur Seite und beantworte alle Ihre Fragen. Vereinbaren Sie einen Beratungstermin in unserer Kanzlei in Darmstadt!
Hinweis: Der vorstehende Beitrag ist urheberrechtlich geschützt. Urheber im Sinne des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Markus Bär, Schleiermacherstraße 10, 64283 Darmstadt. Wörtliche oder sinngemäße Zitate sind nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Urhebers bzw. bei ausdrücklichem Hinweis auf die fremde Urheberschaft (Quellenangabe iSv § 63 UrhG) rechtlich zulässig. Verstöße hiergegen werden gerichtlich verfolgt.
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